Herrgottsbescheißer'le

oder wie das Fleisch in die Maultasche kam ...

Wer kennt und liebt sie nicht: die schwäbische Maultasche.
Ob süß, salzig, geröstet, geschmelzt oder einfach in der Brühe, kaum ein Essen ist so vielseitig einsetzbar und dabei immer eine Köstlichkeit.

Grund genug, sich diese faszinierende Teigtasche einmal genauer anzusehen.
Und wie könnte das besser funktionieren als mit einer Handvoll Kinder und dem besten Maultaschenexperten aus Stuttgart?

So trafen wir an einem sonnigen Nachmittag im Mai in der Wohnanlage für Alleinerziehende in Stuttgart-Weilimdorf auf Thomas Brechensbauer. Er ist der Leiter des Caterings beim Stuttgarter Maultaschenlieferanten „Herr Kächele“ und führte geduldig in die Kunst der Maultaschenherstellung ein.

Während Herr Brechensbauer als erstes alle Zutaten auf dem Tisch ausbreitete, stellte er den Kindern auch schon die erste Frage:
„Wisst ihr denn, wo die Maultasche ihren Ursprung hat und warum der Schwabe seine Maultasche auch Herrgottsbescheißerle nennt?“

Die Antwort folgte prompt und zauberte den Kindern ein erstes Lächeln aufs Gesicht:
Der Legende nach hatten Mönche des Klosters Maulbronn (daher auch der Name „Maul“ Tasche) während der Fastenzeit, in welcher ja bekanntlich kein Fleisch gegessen werden darf, das Fleisch einfach in dem Maultaschenteig versteckt, um den lieben Herrgott nicht zu verärgern (daher Herrgottsbescheißerle).

Geschütztes Kulturgut

Im Jahr 2009 wurde die Maultasche dann sogar von der EU in ihrer Herkunftsbezeichnung geschützt, d.h es ist nun gesetzlich vorgeschrieben, welche Zutaten bei der Herstellung einer „original schwäbischen Maultasche“ verwendet werden dürfen. Es hat es sich mal wieder bewahrheitet: das Schwabenland ist ein Land der Entdecker und Erfinder.

Zubereitung

Nun aber endlich zur Herstellung dieses leckeren Kulturgutes und Nationalgerichts:
Traditionell wird der Nudelteig mit einer Mischung bestehend aus Wurstbrät, Spinat, Zwiebeln und eingeweichten Brötchen gefüllt.

An dieser Tradition hält auch Herr Kächele fest und kommt dabei ganz ohne Konservierungs- und Zusatzstoffe aus, erklärte uns Herr Brechensbauer.
Folgende Zutaten werden benötigt.

Nudelteig
Brät (Schweinefleisch, klein gehackt)
Spinat
Zwiebeln
Sahne
Eier

Zunächst sollten die Kinder die Zwiebeln schälen und würfeln, was naturgemäß nicht ohne die ein oder andere Träne von statten ging. Doch das hielt die Kinder nicht davon ab, eifrig bei der Sache zu bleiben.
Das Brät wurde in eine große Schüssel gegeben und dort mit dem Speck, dem Spinat, der Gewürzmischung, den Zwiebeln und den Eiern vermengt.
Es ist ein komisches Gefühl so in dem Fleisch zu wühlen, kicherte ein kleines Mädchen.

Im Anschluss wurde der drei Meter lange Nudelteig ausgerollt und die fertige Mischung auf den Teig gestrichen. „So eine lange Maultasche soll das werden?“, fragte ein kleiner Junge.
Nein, natürlich muss der Teig noch in kleine Stücke geschnitten werden. Gesagt, getan!
Dann war es auch schon so weit und die Kinder durften die Maultaschen in wallendes Salzwasser legen, wo sie 20 Minuten zu bleiben hatten.

Ungeduldig und hungrig rutschten die Kinder auf den Stühlen hin und her.
Aber Herr Brechensbauer hatte an alles gedacht und für die Wartezeit eine Kiste mit kühler Limonade mitgebracht. Das half erstmal über den größten Hunger hinweg.

Nachdem die Kinder den Tisch gedeckt hatten, war es dann auch endlich an der Zeit die Maultaschen aus dem Topf zu holen.
Schnell in die Schüssel und ab auf die Teller!
„Stop“, rief Herr Brechensbauer- „Keine Maultasche ohne Beilage!“, und holte aus einer weiteren Kiste eine riesige Schüssel mit Kartoffelsalat. Lecker!
Gut schmecken sie auch mit Ei geröstet oder in Zwiebeln geschmelzt, aber der Kartoffelsalat ist und bleibt der Klassiker unter den Beilagen.

Auch wenn der Urschwabe seine Maultasche nie kaufen und immer selbst kochen würde - wir vertrauen ab heute Herrn Kächele und seinem Team und bedanken uns für einen schönen und kulinarischen Nachmittag.

Wir werden das Rezept wie einen Goldschatz hüten!

Bon appétit!